User:Radarecho

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Langes Stillsitzen ist ungesund und kann auf die Dauer zu Schmerzen führen, auch weil Muskeln dabei verkrampfen können.

Wer viel Zeit am Schreibtisch verbringt, sollte deshalb häufig die Position wechseln. Mit Bewegungstühlen geht das fast von allein.

Der rundum bewegliche Pendelsitz des Schwippstuhls gibt dem Körper viel Bewegungsfreiheit. Durch den ständigen Kontakt mit der Lehne, die sich mit bewegt, wird zudem ein schädlicher Rundrücken vermieden.


Eine mir oft gestellte Frage ist: Wie bin ich, als experimentell tätiger Physiker, dazugekommen, neben meiner regulären Arbeitszeit an der Universität Göttingen abends zuhause Bewegungsstühle zu entwickeln?

Meine Antwort: Meine Frau, Lehrerin, hatte 1992 einen Bandscheibenvorfall und konnte, zurück in der Schule, höchstens 20 Minuten auf Stühlen mit üblicherweise festen Sitzen sitzen, längeres Sitzen war schmerzbedingt nicht möglich. Der als Trainingsgerät der Krankengymnastik entwickelte Sitzball war uns damals als alternative Sitzmöglichkeit noch nicht bekannt. Also sagte ich mir, es müsse etwas passieren.

Die erste Anregung bekam ich durch einen Kniehocker mit Kufen, dessen Sitz zusätzlich über Gummis vor und zurück zu neigen war. Meine Idee war, diese Lagerung mit Gummis so zu modifizieren, dass eine Bewegung des Sitzes in alle Richtungen möglich sein müsse, zusätzlich zu einer Bewegung des Sitzes einem Kufengestell.

Lange habe ich darüber nachgedacht, warum man sich auf den bekannten Kniehockern mit Kufen bei Bewegung des Körpers nur relativ wenig vor und und zurück bewegt. Die Antwort ist: die Kufen sind zu flach, also viel zu wenig gekrümmt als dass man leicht in Bewegung kommen könnte. Ich entwickelte einen Kufenhocker, bei dem man sich nicht mit den Knien abstützen muss und dessen Kufen stärker gekrümmt sind. Dadurch erreichte ich, dass allein die Bewegung des Kopfes vor und zurück schon zu einer deutlichen Schwingbewegung des Körpers führte. Der Sitz dieses Hockers war rundum beweglich mit Gummipuffern gelagert. Dieser Hocker war für meine Frau die Lösung für schmerzfreies Sitzen.

Ich besuchte die Erfinderberatung einer Industrie und Handelskammer. Ich fragte den Patentanwalt: was ist ein Patent? Ein Patent kann nur auf neue, unbekannte Dinge erteilt werden, wenn ein erfinderischer Schritt zugrundeliegt. Erfinderisch ist eine Anmeldung, wenn ein Fachmann aus dem Themenbereich der Anmeldung unter Vorgabe des Zieles die in der Anmeldung beschriebene Lösung nicht als naheliegend angeben kann. Eine weitere Antwort war: für eine Anmeldung kann jedenfalls kein Patent erteilt werden, wenn man zwei existierende Patente nimmt und diese zusammenschreibt. Diese Aussage sollte sich später als vereinfacht und daher und in manchen Fällen als ungültig herausstellen. Also meldete dieses für meine Frau entwickelte Sitzmöbel 1995 zum Patent an. Bis zur Erteilung des Patent vergingen aber noch vier Jahre. Das hatte ich mir so nicht vorgestellt. Der Grund: ein Schriftwechsel mit dem Patentamt, einmal hin und her dauert in der Regel ein Jahr.

Dabei habe ich viel Erfahrung gesammelt bezüglich des Patentierens. Dies kam mir als Physiker an der Universität zugute, denn ich war auch an mehreren physikalischen Patenten beteiligt.

Meine wichtigste Schlussfolgerung war letztlich diese: ein Patent zu bekommen ist ganz schön, aber auf die Dauer etwas teuer, da die Patentgebühren mit den Jahren kontinuierlich ansteigen. Ein Patent zu halten, um es an andere zu verkaufen, das ist in den allermeisten Fällen ein unrealistischer Ansatz. Wenn ein Patent wirklich sehr wichtig ist, so hat man aus finanziellen Gründen als Privatmann kaum Chancen, sich gegen gerichtliche Angriffe auf ein Patent zu behaupten. Für viele Firmen ist es nämlich kostengünstiger, ein wirklich wirtschaftlich bedeutsames Patent anzufechten, es löschen zu lassen, als Lizensgebühren an den Patentinhaber zu zahlen. Dazu kommt noch die nicht unerhebliche nervliche Belastung; für große Firmen erledigen das sportlich die Patentanwälte. Was ursprünglich als Schutz des Einzelnen gegen einen Diebstahl geistigen Eigentums gedacht war, nützt heutzutage rechtlich vor allem dem wirtschaftlich Stärkeren.

Man stelle sich einmal vor, wie man als Privatperson auf folgende Ankündigung einer produzierenden Firma reagieren würde: Wenn Sie ihre Patentanmeldung nicht freigeben oder zurückziehen, legen wir unsere Produktion still, und lassen prüfen, ob das Patent wirklich zu Recht erteilt worden ist. Sollte sich herausstellen, dass das Patent nichtig ist, werden wir Sie auf Schadensersatz wegen des Produktionsausfalls verklagen.

Es kann aber durchaus sinnvoll sein, ein Patent anzumelden. Eine große Sorge meinerseits war, dass später irgendjemand kommt, und mir mit Hinweis auf seine anderen Patente ("Sperrpatente") verbieten möchte, meine eigene Entwicklung weiter wirtschaftlich zu nutzen, weil ich seine anderen Patente benutzen würde. Bei der Prüfung eines Patents wird nämlich genau geklärt, wie der derzeitige Stand der Technik im Bereich der Patentanmeldung ist und ob andere Patente die eigene Anmeldung vorweg genommen haben.

1997 integrierte ich meinen rundum beweglichen Pendelsitz in einen Bürostuhl mit Synchronmechanik, den ich auch öffentlich vorführte. 1999 meldete ein Büromöbelhersteller ein Patent an für einen Synchronmechanik-Bürostuhl mit rundum beweglichem Sitz. Das zugehörige europäische Patent wurde ein paar Jahre später erteilt - obwohl sowohl ein Synchronmechanik-Bürostuhl als auch ein Pendelsitz als solche einzeln schon patentiert waren. Aber: in diesem Fall verstärken sich die Wirkungen von Synchronmechanik und Pendelsitz gegenseitig, und diese verstärkte Wirkung begründet die Schutzwürdigkeit der Kombination von Synchronmechanik und Pendelsitz als neue Einheit. Es gilt also sozusagen 1 + 1 = 3 hinsichtlich der Wirkungen.

Ein anderer Bürostuhlhersteller, der auch solche Bürostühle herstellte, sollte nun Lizenzgebühren an den Besitzer des Europäischen Patents bezahlen. Der andere Bürostuhlhersteller wehrte sich und reichte unter Hinweis auf meine öffentliche Vorbenutzung Patentlöschungs-Klagen vor dem Patentgericht in München ein. Ich wurde als Zeuge geladen.

Da ich schon 1997, also zwei Jahre vor der Patentanmeldung einen Synchronmechanik-Bürostuhl mit Pendelsitz gebaut und öffentlich gezeigt hatte, entschied das Gericht, dass das letztlich das europäische Patent zu löschen sei - wenn die beiden streitenden Parteien in einer späteren Beschwerdeverhandlung nicht einen Vergleich geschlossen hätten, so dass nun das Europäische Patent noch bis 2019 weiterläuft. Ich selbst erhielt als eigentlicher Erfinder eine kostenlose, unwiderrufbares Lizenz an dem Europäischen Patent, wegen meiner bewiesenen offenkundigen Vorbenutzung. Meine Beweise, die ich in diesem Verfahren vorlegte, werde ich also noch bis 2019 aufheben.